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Bericht: Burg Kaprun 2008,
26.
- 27. 07. 2008
Von Das Waschweib 29.07.2008
Wenn man an Kaprun denkt, verbindet man wohl Wiesen, Wasserfälle, Stauseen, Skifahren und vor allem hohe Berge mit diesem Namen.
Wer jedoch bei Burg zu Caprun daran denkt, stolzes altes Mauerwerk auf dem Gipfel eines Berges, strategisch unnahbar erbaut, erhaben über zerklüftetem Stein stehend, zu erblicken, der wird wohl eines besseren belehrt.
Die Burg, Schauplatz des Mittelalterfestes, liegt zwar höher, als der Ort, doch ist sie zu Fuß in ein paar Minuten vom Ortszentrum aus zu erreichen. Es scheint sogar, als würde der Rand von moderner Besiedelung sich wohl unaufhaltsam dem alten Bauwerk nähern. So hatten wir zumindest den Eindruck, als wir Baukran und Baustelle erblickten.
Der Markt vor dem wunderbaren Gebäude trennte – noch – die wunderbare Kulisse vom alltäglichen und vor allem touristischen Alltagsleben.
Einen herzlichen, nahen und offen Eindruck hinterließen die Veranstalter und Organisatoren des Festes bei Ansprachen und während des Festes. Immer wieder sah man sie während der Veranstaltung zwischen Festgästen und Mitwirkenden. Gelassen und ausgeglichen schienen sie eine Familie zu sein, bei der man den Eindruck hatte, dass sie das alles tun, weil es einfach Spaß macht. Sogar der Regen am Samstag konnte kaum jemand erschüttern, auch wenn auf einem Schlag Besucher wie vom Erdboden verschluckt waren. Schlichtweg das, was du und ich – die wir der Atmosphäre von Mittelalterfesten verfallen sind, uns so sehr wünschen.
Doch zu unseren Eindrücken, Erlebnissen und Erinnerungen.
Der Festzug:
Bunt, lang und viel – so würde ich es mit knappen Worten beschreiben, was ich sah. So viele Mitwirkende, dass es nicht verwunderlich ist, dass da an räumlichen Grenzen gescharrt wurde. Vor allem die Anzahl der Lagergruppen war schon beeindruckend und jede war besonders für sich. Vielleicht trügt es mein Beobachterauge, aber ich sah im Vergleich zu anderswo sehr viele Kinder, die voll und ganz mit eingebunden waren. Das heißt, gewandet wie Mama und Papa, und nicht ganz ohne Stolz im Festzug dabei. Dass da Kinderlachen und belustigende Situationen, die von mir mit Lächeln und Schmunzeln beobachtet wurden, vorprogrammiert waren, sei dahin gestellt. Dass dieses Hobby oder Berufung durchaus familientauglich, wenn nicht sogar familienfreundlich ist, liegt wohl auf der Hand. Sowohl für Lagernde als auch Besucher.
So erlebten wir einen langen Festumzug mit sehr vielen Details. Die Kreativität und wohl auch Schauspielkunst der einzelnen Mitwirkenden hinterließ nicht nur in unseren Gesichtern ein Lächeln.
Markttreiben:
Viele bekannte Gesichter, wie wir mit Freude feststellen konnten, blickten uns entgegen, als wir den Markt erkundeten. Der Strudelbäcker, der uns so manches Mal mit braunem Trunk das Leben rettete oder Cesarius, dessen getrockneten Walderdbeeren ich hemmungslos verfallen bin. Der Schmied, dessen Feuer niemals ausgegangen ist und egal, wann wir diesen Stand besuchten, er sein Handwerk unter Blicken interessierter Besucher ausübte. Seit zwanzig Jahren ist er unterwegs und wusste so manches zu erzählen, wie das denn so ist auf Märkten. Am Ende des Marktes, vorm Eingang des Lagers trafen wir auf die Tränke zum Wilden Wikinger. Zum ersten Mal mit seiner Herberge. Zelte, die dazu einladen, über Nacht zu bleiben und am Abend die Stimmung am Lagerfeuer zu genießen. Ausgestattet mit Feldbett und Schlafsack wirken die Wikingerzelte durchaus feudal und mit Frühstück angeboten, waren sie auch schnell bezogen. Es werden insgesamt 8 Zelte werden, so hat man uns verraten und das Schankzelt wird wohl in den Wintermonaten erneuert. Man darf gespannt sein und sich auf Gemütlichkeit im neuen Rahmen im nächsten Jahr freuen. Es empfiehlt sich jedoch, eines der Übernachtungszelte im Voraus zu bestellen.
Leder, Schmuck und Met sind wohl bei keinem Markt mehr weg zu denken. So wie wohl die Bücher der Wissensbringerey, von denen wir unsere neuesten Met-Empfehlungen erfahren.
Erwähnen möchte ich auch die Tuchfärberei. Ein schönes Handwerk, das ich persönlich für sehr interessant halte. Ein stimmungsvolles Bild, in den Kesseln zu beobachten, wie Leinenstoff die Farbe „wechselt“.
Wer gerne räuchert – egal zu welchem Zweck – fand fachkundige Beratung an einem Stand, in dem liebevollst bis ins Detail die wohlriechende Ware zum Verkauf angeboten wurde. Kleine Säckchen mit Mischungen aus Harzen und Gewürzen neben dem nötigen Zubehör. Nicht nur für jedes Jahreskreisfest fand man den besonderen Duft.
Das Programm, Gaukelei, Musik und Feuershow:
Mann gegen Mann, in schwerer Rüstung, so lautete es am Turnierplatz. Auch wenn das Wetter samstags des Öfteren zu Verzögerungen führte. Beeindruckend für all jene, die sich mit Kampftechniken aus dieser Zeit beschäftigen. Die wissen oder sich vorstellen können, wie viel jener an Rüstung mit sich schleppt. Für andere vielleicht unspektakulär, wenn sie von Hollywood Produktionen gefärbt und eine Stuntshow erwarteten. Sieger sind sie für mich alle, die sich auf den Turnierplatz wagten. Die Reihung des Ergebnisses kann man auf der Homepage des Veranstalters nachlesen.
Die Feldschlacht am Sonntag im Bereich der Lager – lieferte abgesehen von ein paar, wie soll ich es nennen, Nichtdenkern, die sich ungerüstet auf dem Schlachtfeld einfanden, das Erlebnis, wie Metall klingt, wenn es auf Schilde trifft. Das letzte Segnen und weg schleppen von den – zum Glück – gespielten Leichen, sicherte die Lacher des Publikums, Genau so wie die Leichenfledderer oder die überzeugende Schauspielkunst der frischen Witwen, die um ihre gefallenen Angetrauten trauerten oder schrieen – wie man es benennen will.
Im Burginneren waren Programmpunkte wie Musik von Ragnaroek oder die Vogelflugshow der Falknerei zu erleben. Samstagabend durfte man die Feuershow von Forzarello nicht verpassen. Das Spiel mit dem Feuer, gepaart mit rhythmischen Klängen und akrobatischen Einlagen ließ manchen Atem stocken und einfach Staunen.
Auch im Bereich der Lagerwiese waren Dudelsackklänge und Trommeln keine Seltenheit. Der eine oder andere orientalische Tanz lud ein, zu verweilen, so wie manches irische Lied von Kolk, einem der Schandgesellen, bei der Schenke.
Torxes mit seinem Narrenknecht sorgte für Kurzweile dort oder da. Vielleicht lag es am Wetter, dass wir ihn nicht so oft antrafen zwischen den Besuchern oder wir waren zur falschen Zeit am falschen Ort.
Kinder kamen wieder auf ihre Kosten. Sei es beim Feilen von Speckstein, dem Formen von Ton, oder bei der Verwandlung zu Schmetterling und Schmusekatze, wenn gekonnt mit Farbe Masken ins Gesicht gemalt wurden. Eindeutiger Favorit war dieses Mal der Schmetterling.
Der Bogenstand, wenn auch etwas abseits gelegen, lockte nicht nur kleine Kinder, um es zu versuchen, die goldene Mitte zu treffen.
Das Rundherum:
Details, die zum Ambiente beitragen, waren durchaus zu finden – im Bereich der Lager.
Die ortsansässige Gastronomie überzeugte mit guter Speise und bediente schnell. Selbst die Tische – wenn auch unverkleidete Biertische – waren in Windeseile wieder sauber. Lediglich der geflochtene bunte Reif am Kopfe der Schankmaid in Kombination mit ¾ Hose mutete manches Mal befremdend an, wurde aber mit Freundlichkeit wieder wettgemacht. Die Zelte, die die Tische überdachten, waren gut und besonders Wasserdicht, vielleicht zu sehr, wenn man sich das bunte moderne Kunststoffmaterial beschaute. Nicht ganz so schön – meines Geschmackes – wenn auch zweckmäßig.
Wollte man seinen Unrat sachgemäß entsorgen, war der Mülleimer schnell gefunden. Unverblümt und unverdeckt stand er am Wegesrand, so wie unsere moderne Produktion ihn schuf. Kleinigkeiten, wohlgemerkt die nicht unbedingt auffallen müssen. Dem Fest und der Stimmung tat es keinen Abbruch, schließlich spielen diese Dinge nur eine Nebenrolle – das Tüpfelchen auf dem „i“.
Alles in allem:
Es waren schöne Stunden und Tage, die wir sehr genossen. Eine schöne Umgebung, Leute auf „Du und Du“, Met und Gesang. Stimmungsvolle Bilder und eine Atmosphäre, die den Alltag zu einer Nichtigkeit werden ließ. Nicht ohne Grund ist das Fest zu Kaprun beliebt und wird auch von uns gerne im kommenden Jahr wieder besucht.
Das Waschweib 29.07.2008 |